
Steckersolargeräte in der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
Hilft die neue Privilegierung auch bei alten Anlagen?
Spätestens seit ihrer Privilegierung in § 20 Absatz 2 Nummer 5 des Wohnungseigentumsgesetzes zum 17. Oktober 2024 werden immer mehr Solarsteckeranlagen auf den Balkonen von Wohnungseigentümergemeinschaften (GdWE) errichtet. Doch was ist mit Geräten, die schon zuvor installiert wurden? Können auch diese von der Privilegierung profitieren?
Laut dem Bundesgerichtshof (BGH): nein. Mit Urteil vom 18. Juli 2025 (V ZR 29/24) entschieden die Richter, dass bei Beseitigungsansprüchen nach § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) immer das Recht zum Zeitpunkt des Abschlusses der baulichen Veränderung angewandt werden muss. Zudem legten sie fest, dass Steckersolargeräte auch dann eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums nach § 20 Absatz 1 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) darstellen, wenn sie ohne Substanzeingriff installiert werden, aber dauerhaft das optische Erscheinungsbild der Wohnungseigentumsanlage wesentlich verändern.
§ 20 Absatz 2 Nummer 5 WEG
„Jeder Wohnungseigentümer kann angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die der Stromerzeugung durch Steckersolargeräte dienen. Über die Durchführung ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu beschließen.“
Der Fall
Im Jahr 2004 wurde ein Wohnungseigentümer durch gerichtlichen Beschluss verpflichtet, seine am Balkon zum Hof befestigte Solaranlage zu entfernen. Dieser Aufforderung kam er nicht nach. Die Solaranlage besteht aus neun Solarplatten und hebt sich deutlich von der Gestaltung der anderen Balkone ab. Zudem ist sie spätestens nach einer Beschneidung der Hofbepflanzung deutlich sichtbar. Im Jahr 2022 verlangte nun die Gemeinschaft im Klageweg, dass der Eigentümer die Sonnenkollektoren so zurückbaut, dass sie von außen nicht mehr zu sehen sind.
Beseitigung muss erfolgen ...
Die BGH-Richter gaben dem Rückbauanspruch der Gemeinschaft aus § 1004 BGB statt. Im konkreten Fall sei zwar unklar, wann die bauliche Veränderung abgeschlossen sei, da ebenfalls unklar sei, ob es sich noch um dieselbe Solaranlage handle wie die ursprünglich installierte. Da aber sowohl nach dem alten wie auch dem neuen Recht seit der WEG-Reform von 2020 der Beseitigungsanspruch bestehe, komme es auf diese Frage nicht an.
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… sowohl nach neuem Recht …
Nach neuem Recht handele es sich bei der Aufstellung einer Solaranlage auf dem Balkon um eine bauliche Veränderung nach § 20 Absatz 1 WEG. Nach Ansicht des BGH sei hierfür ein Substanzeingriff nicht zwingend gegeben, wenn durch die bauliche Veränderung das optische Erscheinungsbild der Wohnungseigentumsanlage dauerhaft wesentlich verändert werde. Dies sei bei der Solaranlage schon wegen ihrer Größe der Fall. Insoweit spiele es keine Rolle, ob die Anlage fest mit der Brüstung verbunden sei oder nur auf dem Balkon aufstehe. Da ein Gestattungsbeschluss fehle, sei die bauliche Veränderung unzulässig. Auch die neue Privilegierung ändere hieran nichts.
… wie auch nach altem
Dem alten Recht zufolge hätte die bauliche Veränderung nach § 22 Absatz 1 Satz 1 WEG aF die Zustimmung aller über das in § 14 Absatz 1 WEG aF hinausgehende Maß Beeinträchtigten erfordert. Schon aufgrund der Größe der Solaranlage sei von einer erheblichen Beeinträchtigung des optischen Gesamteindrucks auszugehen, sodass die Zustimmung von allen Eigentümern erforderlich gewesen wäre. Ein Gestattungsanspruch nach § 22 Absatz 1 WEG aF, der im Wege von § 242 BGB dem Beseitigungsanspruch entgegengehalten hätte werden können, lag also nicht vor. Auf die neue Privilegierung des § 20 Absatz 2 Satz 1 WEG kann sich der Eigentümer nicht berufen, da diese zum damaligen Zeitpunkt nicht existierte. Die Errichtung der Solaranlage wäre also auch nach altem Recht unzulässig gewesen.
Gerold Happ
Geschäftsführer Immobilien- und Umweltrecht






